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„Die Friedensstatue in Moabit, meine Liebe”

Einfache Sprache Gebärdensprache

Der Text heißt: Die Friedensstatue in Moabit, meine Liebe

Die Autorin heißt: Soonyoung Chung

Hier könnt ihr den Originaltext von der Autorin Soonyoung Chung in Standardsprache lesen.

Das ist der vereinfachte Text. 

 

Die Friedensstatue in Moabit, meine Liebe

Ich bin Koreanerin und lebe seit ein paar Jahren in Berlin. 

Die Stadt begegnet mir auf viele verschiedene Arten. 

Sie hat mich schon überrascht, aber sie hat mich auch schon traurig

gemacht. 

Meistens gibt sie mir jedoch ein unglaublich schönes Gefühl. 

Es ist sehr spannend Menschen aller Nationalitäten zu treffen. 

194 Länder sind in Berlin vertreten. Mich faszinieren die verschiedenen

Hautfarben, Sprachen und Kulturen.

Diese bewegte Stadt mit 3,65 Millionen Einwohnern gibt mir jeden Tag das Gefühl etwas Besonderes zu sein. 

Ich lebe in einer Großstadt und fühle mich wie eine Weltbürgerin. Manchmal aber auch wie eine gewöhnliche Frau aus einem kleinen asiatischen Land. 

Selten fühle ich mich fremd und einsam.

Meistens bin ich glücklich, dass ich mit so vielen unterschiedlichen Menschen zusammenleben kann. 

Ich freue mich über diese Gelegenheit um über einen ganz besonderen Ort in Berlin zu sprechen. 

Im September 2020 wurde eines Tages in einem Ortsteil namens Moabit eine Statue aufgestellt. Sie stellt ein goldenes Mädchen dar, das auf einem Stuhl sitzt.

Die Friedensstatue in gold und neben ihr sitzt eine Frau. Hinter den beiden stehen zwei weitere Menschen. Im Hintergrund fängt der Park an.

Wenn ich mich richtig erinnere, lief das so ab: 

Das Bezirksamt von Berlin Mitte hatte die Erlaubnis zum Aufstellen dieser goldenen Statue erteilt. Dann sollte die Erlaubnis wieder zurückgenommen werden, da die japanische Regierung Druck auf die Stadt ausübte. Aber die Berliner Bürgerinnen und Bürger protestierten dagegen.

 Die goldene Friedensstatue wurde von einem Künstlerpaar geschaffen, um die japanische Regierung zu kritisieren. 

Die Kritik bezog sich darauf:

Während des 2. Weltkriegs wurden einige Mädchen und Frauen aus 14 Ländern, darunter Korea und andere asiatische Staaten, vom japanischen Militär gewaltsam entführt. Sie wurden als sogenannte Trostfrauen sexuell missbraucht. 

1991 brach Kim Hak-sun, eine der Überlebenden des Trostfrauen-Systems, ihr Schweigen. Sie enthüllte ihre schmerzhafte Vergangenheit als Trostfrau. 

Nachdem sie ihre Geschichte erzählt hatte, forderte sie eine offizielle Entschuldigung von der japanischen Regierung.

Daraufhin meldeten sich 242 überlebende Trostfrauen aus Südkorea und über tausende Frauen aus dem gesamten Asien-Pazifik-Raum. 

Frauen auf der ganzen Welt schlossen sich gemeinsam mit den Überlebenden zu einer Bewegung zusammen.

Die japanische Regierung entschuldigte sich zwar bei den überlebenden Frauen, aber unter der Bedingung, dass sie nie wieder über ihre Erlebnisse als Trostfrauen erzählen durften.

Das ist in Deutschland ganz anders:

Hier entschuldigt man sich ständig dafür einen Krieg begonnen zu haben und dafür verantwortlich zu sein, dass viele Menschen verletzt und getötet wurden.

In Südkorea wird seit 1992 jeden Mittwoch vor der japanischen Botschaft protestiert. Die Frauen fordern von der japanischen Regierung eine aufrichtige Entschuldigung und offizielle Entschädigung.

Das Künstlerpaar in Berlin hatte die goldene Friedensstatue aufgestellt, um den Schmerz der Trostfrauen zu teilen. Sie wollten, dass die Statue in der ganzen Welt bekannt wird.

In Deutschland wurden bereits in zwei Städten Friedens-Statuen aufgestellt. Trotz massiver Proteste der japanischen Regierung stehen sie heute noch. Obwohl die japanische Regierung verlangte, dass die Friedensstatue in Berlin entfernt wird, wurde die Statue schließlich von deutschen Bürgerinnen und Bürgern gerettet.

Zur Rettung der goldenen Statue hat auch eine Gruppe von Frauen beigetragen, die in Berlin arbeiten. Diese japanischen Frauen setzen sich zusammen mit koreanischen und deutschen Frauen seit langer Zeit dafür ein, die Ehre der Trostfrauen wiederherzustellen.

Im Juli 2021 fand die 1500. Mittwoch-Demonstration in Korea statt. Solche Demonstrationen fanden nicht nur in Korea, sondern auch vor der Friedensstatue in Berlin statt.  Viele deutsche Frauenorganisationen und Studentinnen und Studenten haben sich dafür zusammengeschlossen.

Es gab sogar einen Workshop mit Jugendlichen zum Thema Trostfrauen im Museum des Korea Verbandes in Berlin.  Die Jugendlichen waren überrascht und empört, als sie hörten, was den Trostfrauen im Krieg passiert ist.

Und die Jugendlichen waren sich einig, dass die Opfer eine Entschuldigung und Entschädigung von der japanischen Regierung brauchen. Sie sind zwar noch Jugendliche, aber sie wissen, was Gerechtigkeit ist und dass Lügen bekämpft werden müssen.

Ich bin froh, dass ich mit Menschen zusammen leben, mit denen ich meine Gedanken teilen kann. Ich selbst habe mir geschworen, solche schlimmen Dinge nie wieder geschehen zu lassen.

Zurzeit leben in Südkorea nur noch 13 Trostfrauen. Auch sie werden bald in den Himmel kommen. Sie werden jedoch den Jugendlichen in Erinnerung bleiben. Denn sie haben durch die Friedensstatue etwas über den Krieg und über den Frieden gelernt.

Jedes Mal, wenn ich in Moabit an der goldenen Friedensstatue vorbeikomme, erinnere ich mich wie wichtig es für uns Menschen ist gemeinsam für den Frieden einzutreten.

Frieden ist nichts, was still ist.

Frieden gibt es nur, wenn wir uns aktiv für ihn aussprechen.

Und genau das erzählt mir die goldene Statue in Mädchengestalt.