Die drei Texte heißen: Für alle die Fäden ziehen
Der Text ist von: akiko
Zwei der drei Texte von akiko sind lyrische Texte.
Ein lyrischer Text ist eine Dichtung und eine besondere Art der Literatur.
Die Dichterin oder der Dichter formuliert in dem Gedicht Gedanken und Gefühle.
Die Leserinnen und Leser sollen die Sätze und Wörter auf sich wirken lassen. Es ist nicht immer direkt zu erkennen, was die Dichterin oder der Dichter meint.
Viele Gedanken sind nicht an der Wirklichkeit ausgerichtet.
Die Leserinnen und Leser können sich ihre eigenen Deutungen zu dem Text überlegen.
Daher zeigen wir euch an dieser Stelle die Originaltexte in Standardsprache.
Wir haben die Texte bewusst nicht vereinfacht.
Darunter kannst du aber eine kurze Erklärung finden.
Text 1: Dieser Text ist von Mark Aguhar
GESEGNET SEIEN DIE SISSIES
GESEGNET SEIEN DIE BOI DYKES
GESEGNET SEIEN DIE MENSCHEN OF COLOR, MEINE GELIEBTE WAHLFAMILIE
GESEGNET SEIEN DIE TRANS
GESEGNET SEIEN DIE HIGH FEMMES
GESEGNET SEIEN DIE SEXARBEITER*INNEN
GESEGNET SEIEN DIE AUTHENTISCHEN
GESEGNET SEIEN DIE DIS-IDENTIFIZIERENDEN
GESEGNET SEIEN DIE GENDER-ILLUSIONIST*INNEN
GESEGNET SEIEN DIE NICHT-NORMATIVEN
GESEGNET SEIEN DIE GENDERQUEERS
GESEGNET SEIEN DIE KINKSTERS
GESEGNET SEIEN DIE MENSCHEN MIT BEHINDERUNGEN
GESEGNET SEIEN DIE HOT FAT GIRLS
GESEGNET SEIEN DIE WEIRDO-QUEERS
GESEGNET IST DAS SPEKTRUM
GESEGNET IST KONSENS
GESEGNET IST RESPEKT
GESEGNET SIND DIE GELIEBTEN, DIE ICH NICHT BESCHRIEBEN HABE, DIE ICH NICHT BESCHREIBEN KONNTE, DIE ZU BESCHREIBEN UND ZU RESPEKTIEREN UND ZU LIEBEN ICH LERNEN WERDE
AMEN
Das Gedicht ist wie ein Gebet geschrieben.
Es ist eine Anerkennung an viele verschiedene Gruppen in unserer Gesellschaft.
Gruppen, die oft als besondere Randgruppen bezeichnet werden.
Gruppen, die um ihre Unabhängigkeit und um Respekt in der Gesellschaft immer noch kämpfen müssen.
Auf diese Menschen möchte Mark Aguhar mit dem Gedicht aufmerksam machen.
Mark Aguhar bezeichnete sich selbst als Transfemme und prägte über ihren Schreib-Blog vor allem künstlerische, aktivistische, Transgemeinschaften of Color.
In ihrer künstlerischen Arbeit ging es vor allem um die Themen:
- Leidenschaft und Lust neben Gefühlen wie Verzweiflung oder Unsicherheit
- Die Beschäftigung mit dem eigenen Körper und der eigenen Identität
- Die Kritik gegen die Alleinherrschaft in der von weißen Menschen und Männern geprägten Gesellschaft
Es ging Mark Aguhar vor allem darum in ihrer Kunst Geschlecht, Schönheit und Existenz des Menschens als rassische Minderheit sichtbar zu machen.
Text 2: Dieser Text ist von akiko
über Grenzen
über Grenzen, hinweg
Grenzen überwinden
niederreißen.
die Grenzen wahren, die die Entfernung darstellen, aus der ich zugleich mich selbst und dich lieben kann.
Verbindungen nachgehen
Fäden ziehen
was bedeutet Solidarität?
zwischen Widersprüchen
Gegensätzen
und Gleichzeitigkeit
was haben sie gemeinsam?
Sichtbarkeit von Körpern
die immer noch bedroht sind.
bedroht sind, ausgelöscht zu werden
bedroht sind, vergessen zu werden
bedroht sind, angegriffen zu werden.
wo die Geschichte, Gegenwart und Zukunft anerkannt
und gewürdigt werden muss
wo unsere Bewegungen verbunden sind.
wo es nicht gelingen wird diese
Körper
Geschichte(n)
Erinnerung(en)
Asiatisch-diasporische, queer-feministische
Solidarität
Kämpfe
auszulöschen.
Auch dieser Text ist eine Aufforderung:
- vorhandene Grenzen einzureißen und zu überwinden
- Verbindungen einzugehen und verbindende Fäden zwischen den Menschen zu ziehen
Gegensätze und Widersprüche sollen ausgeglichen werden.
Der / die Autor*in spricht von Kämpfen und Bedrohungen.
Geschichte, Gegenwart und Zukunft muss anerkannt und darf nicht vergessen werden.
Text 3: Dieser Text ist von akiko
Das ist der leichtsprachliche Text:
In dem dritten Text schreibt akiko über die Mädchen und Frauen, die für die japanischen Kriegsbordelle des Zweiten Weltkriegs zwangsprostituiert wurden:
Mehr als 200.000 Frauen und Mädchen wurden von und für das japanische Militär während des Krieges in die Sexsklaverei gezwungen.
Sie wurden Trostfrauen genannt, eingesperrt und misshandelt.
Es waren Mädchen und Frauen aus:
Den Philippinen, Südkorea, Nordkorea, China, Burma, Taiwan, den Niederlanden, Thailand, Malaysia, Timor-Lest, Indonesien und Papua-Neuguinea.
Diese Kriegsverbrechen wurden von der japanischen Regierung vertuscht, verleugnet und lange verschwiegen.
Die goldene Friedensstatue im Berliner Stadtteil Moabit war deshalb hart erkämpft. Und die japanische Regierung wollte die Aufstellung der goldenen Statue verhindern.
Überlebende und Verbündete der japanischen Trostfrauen kämpfen weltweit seit Jahrzehnten für deren Rechte.
Aber das Anerkennen der Geschichte und der Würde der Betroffenen lässt auf sich warten.
Auch Entschädigungszahlungen und die Thematisierung innerhalb der japanischen Gemeinschaft sind bis heute nicht erfolgt.